Zwischen dem 5. und 1. Jhdt. v. Chr. betrachteten politische Theoretiker in China und Europa Musik als nützlichen Maßstab für den politischen Charakter und Zustand von Gesellschaften und ihren Machthabern. Auch wenn ihre Ansichten keiner wissenschaftlichen Basis entsprangen, können schriftliche Überlieferungen und archäologische Quellen heute herangezogen werden, um Musik und damit zusammenhängende kulturelle Äußerungen im Umfeld der Macht und ihren unmittelbaren Einflussbereichen zu verorten. Sie können so über Identität, Selbstverständnis, Ansehen und Status informieren: vom Haushalt über den Staat, bei Eroberungen und Machtausübung, im Fall von Widerständen und Rebellionen sowie in der Rechtsprechung, Diplomatie und Schlichtung. Allem Anschein nach können diese Quellen in der Tat etwas Neues über Machtbeziehungen, Ideologie und politischen Wandel in der antiken Welt vermitteln. Sie dienen zudem als indirekter Indikator für politische agency in schriftlosem Umfeld.