Die (Re-)Konstruktion und räumliche Situierung kollektiver Identitäten stellt einen zentralen Bestandteil altertumswissenschaftlicher Praxis dar. Doch obwohl Karten als Analyseinstrument und Darstellungsmethode eine wesentliche Rolle spielen, sind ihre Implikationen und Effekte bislang nur unzureichend vergleichend untersucht. Dabei hat man in den Altertumswissenschaften nicht nur immer wieder versucht, geographische Informationen über die Herkunft und Verbreitung von Sprachen, Artefakten, Völkern oder Kulturen narrativ darzustellen, sondern eben auch kartogra-phisch zu fixieren. Solche kartographischen Identitätskonstruktionen können als direkte oder auch indizielle Erfassung historischer Handlungsträger verstanden werden. So gibt es Karten, auf denen etwa Völker oder Sprachgruppen unmittelbar geographisch situiert werden; andere Karten geben lediglich die geographische Verteilung bestimmter Merkmale (linguistische Charakteristika, materielle Objekte etc.) wieder, die als Hinweis auf die Präsenz oder gar Handlungen kollektiver Identitäten angesehen werden. In diesem Sammelband werden Kartierungspraktiken aus unterschiedlichen fachlichen Perspektiven in ihren verschiedenen Ausprägungen und Transformationen kritisch beleuchtet.